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European Union  |  November 22, 2023 16:45:00, updated

Kommission verhängt gegen Rabobank Geldbuße in Höhe von 26,6 Mio. EUR wegen Handelskartells für Euro-Anleihen


Euro-Anleihen

Die Europäische Kommission hat gegen die Rabobank eine Geldbuße in Höhe von 26,6 Mio. EUR verhängt, weil sie gemeinsam mit der Deutschen Bank an einem Kartell im Bereich des Handels mit bestimmten Euro-Anleihen beteiligt war. Gegen die Deutsche Bank wurde keine Geldbuße verhängt, da das Unternehmen die Kommission im Rahmen der Kronzeugenregelung von dem Kartell in Kenntnis gesetzt hatte.

Die Zuwiderhandlung

Bei den von dem Kartell betroffenen Produkten handelt es sich um auf Euro lautende SSA-Anleihen (supranationale, ausländische staatliche und Agency-Anleihen) und staatlich garantierte Anleihen, die im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehandelt wurden.

Die Untersuchung der Kommission ergab, dass die beiden Banken zwischen 2006 und 2016 über einige ihrer Händler sensible Geschäftsinformationen austauschten und ihre Handels- und Preisstrategien koordinierten.

Die Händler waren am EUR SSA Desk der Deutschen Bank in Frankfurt und am Investment Grade Bonds Desk der Rabobank in London tätig. Sie nutzten Bloomberg-E-Mails, Sofortnachrichten und Online-Chatrooms für den Austausch von Informationen über i) Preise, Volumina sowie aktuelle und künftige Handelsstrategien und Positionen, ii) die Identität der Gegenparteien und iii) ihre Anforderungen für den Kauf oder Verkauf von Anleihen. Auf dieser Grundlage passten die Händler ihre Preisniveaus und Handelsstrategien an. Dazu gehörten u. a. die Koordinierung der Preise, die auf Bloomberg-Monitoren (AllQ – alle Kursofferten für Anleihen) angeboten und angezeigt werden sollten, wobei es sich um eine elektronische Dealer-to-Client-Handelsplattform handelt, sowie gegenseitige Warnungen, wenn der Richtpreis der anderen Bank auf dem Monitor als zu niedrig oder zu hoch eingestuft wurde.

Geldbußen

Die Geldbußen wurden auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 (siehe auch MEMO) festgesetzt.

Bei der Festsetzung der Geldbußen berücksichtigte die Kommission insbesondere den Umsatz, den die Kartellbeteiligten mit den betreffenden Produkten im EWR erzielten, die Schwere der Zuwiderhandlung, die geografische Reichweite des Kartells und seine Dauer.

Die Deutsche Bank arbeitete im Rahmen der Kronzeugenregelung (Kronzeugenregelung von 2006) mit der Kommission zusammen und konnte daher wegen Offenlegung des Kartells eine Geldbuße von fast 156 Mio. EUR abwenden. Die Rabobank wurde mit einer Geldbuße von 26,6 Mio. EUR belegt.

Hintergrund zu den Anleihemärkten

Anleihen sind Schuldverschreibungen, über die sich Unternehmen gegen Zahlung eines bestimmten Zinssatzes Finanzmittel auf den internationalen Finanzmärkten beschaffen können. Anleihen können als Anlagen gehalten oder wie jedes andere Finanzinstrument gehandelt werden.

Anleihen werden zunächst am sogenannten „Primärmarkt“ begeben, hauptsächlich über Auktionen oder durch Konsortien. Am sogenannten „Sekundärmarkt“ werden sie anschließend zwischen Banken, Maklern und Anlegern gehandelt. Anleihen unterscheiden sich etwa durch die Identität des Emittenten, die Nominalwährung oder die Art des Garantiegebers (staatliche Einrichtung, Finanzinstitut oder ein anderes Unternehmen).

Auf Euro lautende SSA-Anleihen umfassen drei Arten von Anleihen: i) supranationale Anleihen, die von auf supranationaler Ebene zuständigen Institutionen wie etwa der Europäischen Investitionsbank begeben werden; ii) ausländische staatliche Anleihen, die von Regierungen nach einem anderen als dem innerstaatlichen Recht und/oder in einer Fremdwährung begeben werden (z. B. auf Euro lautende Anleihen Schwedens oder Dänemarks); iii) halbstaatliche Anleihen (Agency-Anleihen), die von staatlichen oder staatsnahen Einrichtungen, die unterhalb der zentralstaatlichen Ebene angesiedelt sind, wie Regionen oder Gemeinden, oder aber von staatseigenen Banken, Infrastrukturentwicklungsstellen oder Einrichtungen der sozialen Sicherungssysteme begeben werden.

Staatlich garantierte Anleihen sind Anleihen mit sekundärem garantiertem Zinssatz, bei denen der Nennbetrag bei Ausfall des Emittenten durch eine staatliche Behörde erstattet wird. Solche Anleihen wurden als Reaktion auf die Marktbedingungen im Zusammenhang mit der weltweiten Finanzkrise von 2008 für einen begrenzten Zeitraum begeben.

Hintergrundinformationen zum Verfahren

Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 53 des EWR-Abkommens verbieten Kartelle und andere wettbewerbswidrige Verhaltensweisen, so auch wettbewerbsbeschränkende Preisabsprachen.

Die Kommission leitete die Untersuchung im Mai 2017 ein, nachdem die Deutsche Bank einen Antrag auf Geldbußenerlass auf der Grundlage der Kronzeugenregelung von 2006 gestellt hatte. Im Dezember 2022 übermittelte die Kommission beiden Banken eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der sie ihre wettbewerbsrechtlichen Bedenken darlegte.

Geldbußen für Unternehmen, die gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen, werden in den Gesamthaushaltsplan der EU eingestellt. Die Mittel sind nicht für bestimmte Ausgaben vorgesehen; stattdessen werden die Beiträge aller Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt für das Folgejahr entsprechend gekürzt. Somit tragen die Geldbußen zur Finanzierung der EU bei und entlasten die Steuerzahler. Gemäß Artikel 141 Absatz 2 des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU liegt bei dieser Sache eine „fortdauernde Zuständigkeit“ vor. Daher erstattet die EU dem Vereinigten Königreich seinen Anteil an der Geldbuße, sobald diese rechtskräftig geworden ist. Die Kommission wird die Geldbuße einziehen, den Anteil des Vereinigten Königreichs berechnen und ihn erstatten.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, werden weitere Informationen zu diesem Kartellfall unter der Nummer AT.40512 im öffentlich zugänglichen Register der Kommission auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb veröffentlicht. Weitere Informationen über die Maßnahmen der Kommission gegen Kartelle finden sich auf ihrer Website unter der Rubrik „Cartels“.

Die Kronzeugenregelung

Die Kronzeugenregelung der Kommission gibt den Unternehmen die Möglichkeit, ihre Beteiligung an einem Kartell offenzulegen und während einer Untersuchung mit der Kommission zusammenzuarbeiten. Einem an einem Kartell beteiligten Unternehmen, das als Kronzeuge mit der Kommission zusammenarbeitet, kann eine potenziell hohe Geldbuße vollständig oder teilweise erlassen werden. Weitere Informationen über die Kronzeugenregelung der Kommission finden Sie hier.

Die Kommission hat kürzlich ein Dokument mit häufig gestellten Fragen veröffentlicht, das potenziellen Kronzeugen Erläuterungen zu ihrer Kronzeugenpolitik und -praxis bereitstellt.

Instrument für Hinweisgeber

Die Kommission hat ein Instrument geschaffen, über das Einzelpersonen oder Unternehmen die Kommission leichter über wettbewerbswidriges Verhalten informieren können, ohne ihre Identität preiszugeben. Die Anonymität der Hinweisgeber (Whistleblower) wird durch ein ausgefeiltes System gewahrt, über das auf verschlüsseltem Wege Mitteilungen ausgetauscht werden können. Das Instrument kann über diesen Link aufgerufen werden.

Schadensersatzklagen

Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der Verordnung 1/2003 sind Beschlüsse der Kommission ein bindender Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Selbst wenn die Kommission gegen den Kartellbeteiligten eine Geldbuße verhängt hat, kann von nationalen Gerichten Schadensersatz zuerkannt werden, wobei die von der Kommission verhängte Geldbuße nicht mindernd angerechnet wird. Ebenso kann von nationalen Gerichten auch dann Schadensersatz zuerkannt werden, wenn die Kommission einem Kartellbeteiligten im Rahmen ihres Kronzeugenprogramms möglicherweise einen Geldbußenerlass gewährt hat.

Durch die EU-Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen ist es für Opfer wettbewerbswidriger Verhaltensweisen inzwischen leichter, Schadensersatz zu erhalten. Weitere Informationen über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen sowie einen praktischen Leitfaden zur Ermittlung des Schadensumfangs finden Sie hier.

Quote

Vertrauenswürdige und gut funktionierende Märkte für den Handel mit Anleihen sind nicht nur für die nationalen Behörden, die Anleihen begeben, sondern auch für die Anleger, die Anleihen kaufen und handeln, von entscheidender Bedeutung. Heute belegen wir die Rabobank wegen Absprachen mit der Deutschen Bank, die den Wettbewerb beim Handel mit bestimmten auf Euro lautenden Anleihen verzerrt haben, mit einer Geldbuße. Wir werden wachsam bleiben und sind entschlossen, einen wirksamen Wettbewerb auf den Finanzmärkten zu erhalten.
Kommissar Didier Reynders, zuständig für Wettbewerbspolitik 2023-11-21

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