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European Union  |  October 19, 2023 12:03:00, updated

Kommission verhängt in Kartellvergleichsverfahren Geldbußen in Höhe von 13,4 Mio. EUR gegen Pharmaunternehmen


Kommission verhängt Geldbußen gegen Pharmaunternehmen

Die Europäische Kommission hat gegen Alkaloids of Australia, Alkaloids Corporation, Boehringer, Linnea und Transo-Pharm wegen Beteiligung an einem Kartell in Bezug auf einen wichtigen pharmazeutischen Wirkstoff Geldbußen in Höhe von insgesamt 13,4 Mio. EUR verhängt. Gegen C2 PHARMA wurde keine Geldbuße verhängt, da das Unternehmen die Kommission nach der Kronzeugenregelung von dem Kartell in Kenntnis gesetzt hatte. Alle sechs Unternehmen räumten ihre Kartellbeteiligung ein und stimmten einem Vergleich zu.

Die Untersuchung

Gegenstand des Kartells war N-Butylscopolaminiumbromid (im Folgenden „Butylscopolamin“). Butylscopolamin ist ein wichtiger Ausgangsstoff zur Herstellung Arzneimittels Buscopan und entsprechender Generika, die gegen Bauchkrämpfe eingesetzt werden.

Die Untersuchung der Kommission ergab, dass die sechs Unternehmen die Festsetzung des Mindestverkaufspreises für Butylscopolamin an Kunden (d. h. Vertriebshändler und Generikahersteller) und die gegenseitige Zuweisung von Quoten abgestimmt und vereinbart haben. Darüber hinaus tauschten die Unternehmen sensible Geschäftsinformationen aus.

Die Untersuchung der Kommission bestätigte das Vorliegen einer einzigen, fortgesetzten Zuwiderhandlung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) im Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 17. September 2019. Bei den Teilnehmern handelte es sich entweder um Hersteller oder um Vertreiber von Butylscopolamin. Die folgende Tabelle gibt Aufschluss über die Dauer der Beteiligung der einzelnen Unternehmen an der Zuwiderhandlung:

Unternehmen Beginn Ende
Alkaloids of Australia 1. November 2005 17. September 2019
Alkaloids Corporation 1. November 2005 17. September 2019
Boehringer 1. November 2005 31. Dezember 2014
C2 PHARMA 22. Januar 2015 4. Februar 2016
Linnea 2. Oktober 2006 17. September 2019
Transo-Pharm 21. Juni 2011 17. September 2019

Dies ist das erste Mal, dass die Kommission Geldbußen verhängt wegen eines Kartells, was sich auf einen pharmazeutischen Wirkstoff bezieht und welches im Arzneimittelsektor ist. Die Kommission hat mit den schweizerischen und australischen Wettbewerbsbehörden zusammengearbeitet und bestimmte Ermittlungstätigkeiten mit ihnen koordiniert.

Im Rahmen der Untersuchung leitete die Kommission auch ein Verfahren gegen ein siebtes Unternehmen, Alchem, ein, das sich gegen einen Vergleich mit der Kommission entschied. Da Alchem folglich nicht von diesem Vergleichsbeschluss erfasst wird, läuft das Verfahren gegen das Unternehmen als reguläres Kartellverfahren (ohne Vergleich) weiter.

Die Geldbußen

Die Geldbußen wurden auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 (im Folgenden „Leitlinien“, siehe auch MEMO) festgesetzt.

Bei der Festsetzung der Geldbußen berücksichtigte die Kommission insbesondere den Wert der mit der Zuwiderhandlung im Zusammenhang stehenden Butylscopolamin-Verkäufe, die Art der Zuwiderhandlung sowie ihre Komplexität, ihre geografische Reichweite und ihre Dauer.

Drei Unternehmen arbeiteten im Rahmen der Kronzeugenregelung von 2006 mit der Kommission zusammen:

  • C2 PHARMA wurde die Geldbuße, die rund 807 000 EUR betragen hätte, vollständig erlassen, da das Unternehmen die Kommission von dem Kartell in Kenntnis gesetzt hatte.
  • Die Geldbußen von Transo-Pharm und Linnea wurden ermäßigt, um ihre Zusammenarbeit mit der Kommission bei der Untersuchung zu berücksichtigen. Die Höhe der Ermäßigung richtet sich danach, wann die Unternehmen ihre Zusammenarbeit angeboten haben und inwieweit die von ihnen vorgelegten Beweismittel zum Nachweis des Kartells beigetragen haben.

Darüber hinaus ermäßigte die Kommission die verhängten Geldbußen nach ihrer Mitteilung über Vergleichsverfahren aus dem Jahr 2008 um 10 %, da die Unternehmen ihre Beteiligung an dem Kartell und ihre Haftbarkeit einräumten.

Gegen die einzelnen Unternehmen wurden folgende Geldbußen verhängt:

Unternehmen

Ermäßigung nach der Kronzeugenregelung

Ermäßigung nach der Mitteilung über Vergleichsverfahren

Geldbuße

C2 PHARMA

100 % 10 % 0 EUR

Transo-Pharm

50 % 10 % 98 000 EUR

Linnea

30 % 10 % 1 791 000 EUR

Alkaloids of Australia

--- 10 % 559 000 EUR

Alkaloids Corporation

--- 10 % 537 000 EUR

Boehringer

--- 10 % 10 401 000 EUR

Hintergrund

Nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 53 des EWR-Abkommens sind Kartelle und andere wettbewerbswidrige Verhaltensweisen verboten.

Die Kommission leitete die Kartelluntersuchung ein, nachdem C2 PHARMA im April 2019 auf der Grundlage der Kronzeugenregelung von 2006 einen Antrag auf Geldbußenerlass gestellt hatte. Im Anschluss an Nachprüfungen im September 2019 stellte erst Transo-Pharm und dann Linnea einen Antrag auf Geldbußenermäßigung.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, werden weitere Informationen zu diesem Kartellfall unter der Nummer AT.40636 im öffentlich zugänglichen Register der Kommission auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb veröffentlicht. Weitere Informationen über die Maßnahmen der Kommission gegen Kartelle finden sich auf ihrer Website unter der Rubrik „Cartels“.

Das Vergleichsverfahren

Mit dem heutigen Beschluss wird zum 42. Mal seit der Einführung dieses Verfahrens für Kartelle im Juni 2008 (siehe Pressemitteilung und MEMO) ein Vergleich geschlossen. Bei einem Kartellvergleich räumen die Parteien ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung ein und übernehmen die Verantwortung dafür. Sie akzeptieren auch den Höchstbetrag der Geldbuße, den die Kommission zu verhängen beabsichtigt. Dann kann die Kommission auf der Grundlage der Kartellverordnung 1/2003 ein einfacheres und kürzeres Verfahren anwenden. Die Vorteile eines Vergleichs liegen auf der Hand: Verbraucher und Steuerzahler haben geringere Kosten zu tragen, und in der Kartellrechtsdurchsetzung werden Ressourcen für die Bearbeitung anderer Fälle frei. Außerdem können die Unternehmen schneller mit einem Beschluss rechnen und zahlen eine um 10 % geringere Geldbuße.

Die Kronzeugenregelung

Die Kronzeugenregelung der Kommission gibt Unternehmen die Möglichkeit, ihre Beteiligung an einem Kartell offenzulegen und während einer Untersuchung mit der Kommission zusammenzuarbeiten. Einem an einem Kartell beteiligten Unternehmen, das als Kronzeuge mit der Kommission zusammenarbeitet, kann eine potenziell hohe Geldbuße vollständig oder teilweise erlassen werden. Weitere Informationen über die Kronzeugenregelung der Kommission finden Sie hier.

Die Kommission hat kürzlich ein Dokument mit häufig gestellten Fragen veröffentlicht, das potenziellen Kronzeugen Erläuterungen zu ihrer Kronzeugenpolitik und -praxis bereitstellt.

Instrument für Hinweisgeber

Die Kommission hat ein System eingerichtet, über das Einzelpersonen oder Unternehmen die Kommission leichter über wettbewerbswidriges Verhalten informieren können, ohne ihre Identität preiszugeben. Die Anonymität der Hinweisgeber (Whistleblower) wird durch ein ausgefeiltes System gewahrt, über das auf verschlüsseltem Wege Mitteilungen ausgetauscht werden können. Das Instrument kann über diesen Link aufgerufen werden.

Schadensersatzklagen

Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der Verordnung 1/2003 des Rates sind Beschlüsse der Kommission ein bindender Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Selbst wenn die Kommission gegen die Kartellbeteiligten Geldbußen verhängt hat, kann Schadensersatz zuerkannt werden. Die von der Kommission verhängte Geldbuße wird dabei nicht mindernd angerechnet.

Durch die EU-Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen ist es für Opfer wettbewerbswidriger Verhaltensweisen inzwischen leichter, Schadensersatz zu erhalten. Weitere Informationen über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen sowie einen praktischen Leitfaden zur Ermittlung des Schadensumfangs finden Sie hier.

Quote

Heute verhängen wir Geldbußen gegen sechs Unternehmen wegen rechtswidriger Preisabsprachen und rechtswidriger Zuteilung von Quoten für einen pharmazeutischen Wirkstoff, der zur Herstellung von häufig verschriebenen Arzneimitteln verwendet wird. Es ist unser erster Kartellbeschluss in dieser so wichtigen Branche, in der Wettbewerb eine wesentliche Voraussetzung für den Zugang zu erschwinglichen Arzneimitteln ist.
Kommissar Didier Reynders, zuständig für Wettbewerbspolitik 2023-10-18

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