Digitalisierung der Koordinierung der sozialen Sicherheit
Welchen konkreten Nutzen hat eine Digitalisierung der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit?
Für die Bürgerinnen und Bürger
Bürgerinnen und Bürger, die in ein anderes EU-Land reisen, dort wohnen oder arbeiten, müssen häufig Dokumente in Papierform oder auf Plastikträgern mitführen, um ihre Sozialversicherungsansprüche wie einen Anspruch auf Gesundheitsversorgung, auf Familienleistungen oder Renten nachzuweisen. Die Kommission will mit ihrer Initiative die Voraussetzungen für eine elektronische Überprüfung digitaler Sozialversicherungsdokumente schaffen, die die Bürgerinnen und Bürger einfach (z. B. auf ihrem Smartphone) speichern und abrufen können. Durch diesen digitalen Ansatz können die Bürgerinnen und Bürger ihre Ansprüche in den EU-Ländern sicher nachweisen, was den grenzüberschreitenden Zugang zu Diensten der sozialen Sicherheit schneller und einfacher gestaltet. Dies ersetzt nicht die Bescheinigungen auf Papier, sondern bietet den Bürgerinnen und Bürgern eine bequemere und sicherere Alternative, wenn sie dies wünschen.
Für Arbeitskräfte:
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von ihrem Arbeitgeber in ein anderes EU-Land entsandt werden, müssen nachweisen, dass sie im Sozialversicherungssystem des Landes versichert sind, in dem sie gewöhnlich arbeiten. Die Kommission beschreibt in ihrer Mitteilung Maßnahmen, nach deren Umsetzung Arbeitskräfte ihre Sozialversicherung mithilfe einer digitalen Brieftasche (z. B. auf ihrem Smartphone) ganz leicht nachweisen können; sie bietet eine leicht zugängliche digitale Alternative zu gedruckten Dokumenten, die verloren gehen oder gefälscht werden können. Dies wird auch zu einem besseren Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beitragen und eine faire Arbeitskräftemobilität gewährleisten, indem eine rasche und korrekte Überprüfung der Rechte von Arbeitskräften im Ausland ermöglicht wird.
Für Unternehmen
Die in ihrer Mitteilung von der Kommission skizzierten Maßnahmen zielen darauf ab, den Verwaltungsaufwand für Unternehmen, einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), zu verringern, z. B. bei der Entsendung von Arbeitskräften zur Arbeit in ein anderes EU-Land. Sowohl die Beantragung als auch die Ausstellung der notwendigen Sozialversicherungsdokumente werden vollständig digitalisiert und somit benutzerfreundlicher und effizienter. Dadurch werden Verwaltungskosten und Hindernisse für die Unternehmen beseitigt, die diese Dokumente für eine Geschäftstätigkeit im Ausland benötigen. Darüber hinaus erleichtert dies die grenzüberschreitende Mobilität, fördert letztlich das nachhaltige Wachstum und verbessert die Wettbewerbsfähigkeit.
Für öffentliche Verwaltungen:
Die öffentlichen Verwaltungen aller EU-Länder profitieren bereits vom elektronischen Austausch von Sozialversicherungsinformationen, was diesen Informationsaustausch effizienter und zuverlässiger macht und die Qualität der öffentlichen Dienste verbessert. Die Kommission fordert in ihrer Mitteilung von allen Ländern nachhaltige Investitionen und den politischen Willen, die Digitalisierung voranzutreiben, auch im Hinblick auf die Interaktion mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen. Dies wird die Verfahren weiter vereinfachen, die Umsetzung der Vorschriften über die soziale Sicherheit erleichtern und ihre Durchsetzung verbessern. So könnte ein Beamter der Arbeitsaufsichtsbehörden etwa sofort überprüfen, ob ein Arbeitnehmer im Sozialversicherungssystem des Entsendelandes versichert ist, indem er die digitalen Unterlagen prüft, ohne sich mit den ausstellenden Behörden in Verbindung setzen zu müssen.
Mit welchen Maßnahmen wird die Digitalisierung der Systeme der sozialen Sicherheit bereits heute gefördert?
Der heutige Vorschlag baut auf mehreren EU-Initiativen auf, die eine Grundlage für die weitere Digitalisierung der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit bilden. Dazu gehören folgende Maßnahmen:
- Das System für den elektronischen Austausch von Informationen der sozialen Sicherheit (EESSI), mit dem der Austausch von Informationen betreffend die Sozialversicherung zwischen den Sozialversicherungsträgern aller teilnehmenden Länder erfolgreich digitalisiert wurde. Bis Ende 2024 müssen die Länder die Umsetzung abgeschlossen haben.
- Gemäß der Verordnung über das einheitliche digitale Zugangstor müssen die Mitgliedstaaten bis zum 12. Dezember 2023 sicherstellen, dass die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen in der EU vollständigen Online-Zugang zu den wichtigsten Verwaltungsverfahren, einschließlich der Europäischen Krankenversicherungskarte und eines Überblicks über die Entscheidungen unterschiedlicher Länder in puncto Rentenansprüche, haben und diese auch vollständig online abwickeln können.
- Im Rahmen des Aktionsplans zur europäischen Säule sozialer Rechte wird das Pilotprojekt Europäischer Sozialversicherungsausweis (ESSPASS) durchgeführt, das die Interaktion zwischen Bürgerinnen und Bürgern, die innerhalb der EU mobil sind, und den nationalen Behörden erleichtern soll. Sein Ziel ist es, die Verfahren in Bezug auf Sozialversicherungsansprüche mobiler EU-Bürgerinnen und -Bürger zu verbessern und digitale Lösungen für die Ausstellung von Nachweisen über Sozialversicherungsansprüche und ihre Überprüfung in anderen europäischen Ländern, die an der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit teilnehmen, zu erkunden.
Wie kann ESSPASS Menschen helfen, die ins Ausland reisen bzw. im Ausland leben oder arbeiten?
Gesundheitsversorgung
Dank der EU-Vorschriften werden Sie, wenn Sie sich vorübergehend im Ausland aufhalten und dort medizinisch behandelt werden müssen, unter denselben Bedingungen und zu denselben Kosten versorgt wie Einheimische. Der Arzt wird Sie in diesem Fall auffordern, Ihre Europäische Krankenversicherungskarte vorzuzeigen. Die nationalen Verwaltungen regeln die Kostenerstattung dann untereinander. Es kann jedoch vorkommen, dass Sie Ihre Karte vergessen oder verloren haben. Probleme können auch dann auftreten, wenn das Krankenhaus die Gültigkeit der Europäischen Krankenversicherungskarte nicht überprüfen kann (z. B. kann im Zweifelsfall ein weiterer Austausch zwischen den zuständigen nationalen Trägern erforderlich sein).
Betrachten wir ein fiktives Beispiel:
- Vor ihrem Urlaub in Spanien möchte Marija bei ihrem slowenischen Krankenversicherungsträger eine digitale Europäische Krankenversicherungskarte beantragen. Zu diesem Zweck geht sie auf das Portal „Ihr Europa“ (d. h. das einheitliche digitale Zugangstor), über das sie zum Portal ihres nationalen Krankenversicherungsträgers weitergeleitet wird.
- Dieser Träger stellt die digitale Europäische Krankenversicherungskarte aus.
- Marija speichert die Europäische Krankenversicherungskarte ganz einfach in ihrer digitalen Brieftasche (d. h. in der künftigen Brieftasche für die europäische digitale Identität). Sie muss also keine Plastikkarte mehr mit sich führen.
- Sollte Marija im Urlaub eine medizinische Behandlung benötigen, legt sie ihre Europäische Krankenversicherungskarte im Krankenhaus vor, um nachzuweisen, dass sie in Slowenien versichert ist.
- Über ESSPASS kann das Krankenhaus in Echtzeit überprüfen, ob ihre Europäische Krankenversicherungskarte gültig ist (d. h. ob sie von einem zuständigen Träger ausgestellt wurde und noch nicht abgelaufen ist). So lässt sich das Vertrauen in die Verwendung der Europäischen Krankenversicherungskarte stärken und das Risiko einer Ablehnung durch den Leistungserbringer verringern.
Entsendung von Arbeitskräften
Wenn ein Unternehmen eine(n) Angestellte(n) vorübergehend im Ausland arbeiten lassen (d. h. entsenden) möchte, muss es gemäß den EU-Vorschriften eine Bescheinigung über die für den oder die Angestellte(n)/die entsandte Arbeitskraft geltenden Sozialversicherungsvorschriften (d. h. das portable Dokument A1) beantragen. Im Aufnahmeland kann der entsandte Arbeitnehmer bzw. die entsandte Arbeitnehmerin von einer Aufsichtsbehörde aufgefordert werden, diese Bescheinigung vorzulegen. In bestimmten Fällen könnten sich Zweifel an der Gültigkeit des Dokuments ergeben und ein weiterer Austausch zwischen den Behörden erforderlich sein.
Betrachten wir ein fiktives Beispiel:
- Yiannis ist Unternehmer in Griechenland und möchte seinen Angestellten Georgios vorübergehend nach Italien entsenden. Yiannis beantragt das digitale portable Dokument A1 beim zuständigen griechischen Träger. Dazu geht er auf das Portal „Ihr Europa“, über das er zur Website des nationalen Trägers weitergeleitet wird.
- Der griechische Sozialversicherungsträger prüft den Antrag und stellt, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, das digitale Dokument für Yiannis und Georgios aus.
- Georgios kann das Dokument ganz einfach in seiner digitalen Brieftasche (d. h. in der künftigen Brieftasche für die europäische digitale Identität) speichern.
- Gleichzeitig informiert der griechische Sozialversicherungsträger über das EESSI-System den italienischen Träger über die Entsendung.
- Der italienische Arbeitsinspektor Nicola fordert Georgios auf, das portable Dokument A1 vorzulegen.
- Mithilfe von ESSPASS überprüft Nicola das Dokument in Echtzeit. So kann Nicola die Gültigkeit des Dokuments überprüfen, was vertrauensbildend wirkt.
Wie hängt diese Initiative mit anderen EU-Initiativen für den digitalen Wandel zusammen?
Die Initiative zur Digitalisierung der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit steht im Einklang mit den Zielen von Europas digitaler Dekade. Gemäß dem Politikprogramm für die digitale Dekade sollten alle wichtigen öffentlichen Dienste bis 2030 online verfügbar sein.
Die Initiative baut auf bestehenden Systemen und Instrumenten auf. Beispielsweise wird das Portal „Ihr Europa“ als zentrale Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen in der EU fungieren, wenn sie digitalisierte Sozialversicherungsdokumente gemäß der Verordnung über das zentrale digitale Zugangstor beantragen und alle einschlägigen Verwaltungsverfahren zu diesem Zweck abwickeln wollen.
Sobald der Rahmen für die europäische digitale Identität und die standardisierte digitale Brieftasche der EU eingeführt sind, werden sie dazu dienen, die EU-Bürgerinnen und -Bürger zu identifizieren und deren digitale Sozialversicherungsdokumente zu speichern und vorzulegen. Solche digitalen Brieftaschen können auch andere Nachweisdokumente wie den EU-Behindertenausweis enthalten, sobald das digitale Format fertig entwickelt ist.
Wie kann die EU die Mitgliedstaaten bei der Digitalisierung der Systeme der sozialen Sicherheit unterstützen?
Die EU fördert die Digitalisierung der Koordinierung der sozialen Sicherheit mit folgenden Maßnahmen:
- Schaffung eines EU-Rechtsrahmens für die Förderung der Digitalisierung der öffentlichen Dienste, einschließlich der Koordinierung der sozialen Sicherheit, beispielsweise durch die Verordnung über das einheitliche digitale Zugangstor.
- Bereitstellung von technischer Hilfe und Unterstützung. So unterstützt die Kommission die Mitgliedstaaten beispielsweise bei der vollständigen Umsetzung des EESSI und stellt flankierend technische Beratung über die notwendigen Schritte für seine kontinuierliche Verbesserung bereit. Die Mitgliedstaaten können auch Hilfe über das Instrument für technische Unterstützung erhalten.
- Bereitstellung von EU-Mitteln, etwa durch das Programm „Digitales Europa“, InvestEU, den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und den Europäischen Sozialfonds Plus. Die Digitalisierung öffentlicher Dienste und die Modernisierung der Verfahren in der öffentlichen Verwaltung sind in allen nationalen Aufbau- und Resilienzplänen enthalten, in denen jeweils mindestens 20 % der Gesamtmittel für Ziele auf dem Gebiet der Digitalisierung vorgesehen sein müssen.
- Austausch bewährter Verfahren mit Blick auf nationale Instrumente und Lösungen. Die Europäische Arbeitsbehörde (ELA) ist bestens dafür geeignet, eine praxisbezogene Gemeinschaft zu schaffen, die einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch zwischen den nationalen Verwaltungen fördert. In der Mitteilung wird die ELA aufgefordert, einen regelmäßigen Austausch zwischen den nationalen Behörden zu erleichtern und die verschiedenen nationalen digitalen Lösungen zu prüfen, um Investitionen gezielter auszurichten und die Staaten zu unterstützen, die noch im Rückstand sind.
Weitere Informationen
Pressemitteilung: Digitalisierung der Koordinierung der sozialen Sicherheit
Digitalisierung der Koordinierung der sozialen Sicherheit
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